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Geschichte des Hauses Gutleutstraße 8-12

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Geschichte des Hauses Gutleutstraße 8-12

Fertig gestellt wurde das Gebäude, ein Nobelhotel namens Silvana, im Jahr 1907.
Ob sich der Bauherr oder die hotelbetreibende Gesellschaft verspekuliert hatte, kann heute nicht mehr überprüft werden. Während der 1920er Jahre hatte das Gebäude wechselnde Eigentümer.

Mitte 1933 erwarb der NSDAP-Gau Hessen-Nassau das Gebäude. Eine gute Gelegenheit, das nun Adolf Hitler gewidmete Gauhaus einzuweihen, bot der erste Spatenstich zum Autobahnausbau, einem der Lieblingsprojekte Hitlers. Erster Spatenstich, den sich Hitler selbst vorbehielt, und Gauparteitag legte man auf den 23. September 1933 zusammen. Hitler war dazu persönlich anwesend.

Gauhaus, oder Adolf-Hitler-Haus, blieb die Gutleutstraße etwa 7 Jahre. Repräsentativer und vor allem zentraler war das Haus am Rathenauplatz bzw. Börsenstraße, das Anfang der 40er Jahre zur Nutzung als neues Gauhaus umgebaut wurde.

Aktenmaterial der Gauleitung selbst ist heute nicht geschlossen überliefert. Sämtliche Aktenbestände wurden kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner Ende März 1945 vernichtet. So kann nur über Einzelstücke in verstreuten Überlieferung in etwa rekonstruiert werden, was sich hier in diesem Haus abgespielt hat.

Antijüdische Aktionen, wie der Pogrom am 9. November 1938, wurden, wenn auch Dokumente dazu fehlen, mit Bestimmtheit hier im Hause koordiniert. Ob sich hier auch ein „wildes KZ“ befand, einen Ort, an dem Menschen festgehalten und gefoltert wurden, kann man nicht ausschließen, Nachweise dazu wurden jedoch nicht überliefert.

Mit einer Vernichtungsaktion steht dieses Haus in unmittelbarem Zusammenhang, den Euthanasie-Morden, der so genannten ‚T4-Aktion’. (Tiergartenstraße 4, eine Abteilung der Kanzlei des Führers in den Jahren 1940/41. Im Rahmen der vom Gauhaus in Frankfurt organisierten ‚T4-Aktion’ wurde in Hadamar bei Limburg (Hessen) systematisch „unwertes“ Leben, d.h. geistig und körperlich kranke Menschen, ermordet. Für diese Mordaktion brauchte man dringend Personal, zynisch „Notdienst“ genannt. Im Gau Hessen-Nassau war damit bemerkenswerter Weise das Arbeitsamt mit der Suche beauftragt, was für gute Beziehungen zwischen dem Landesarbeitsamt und der Gauleitung spricht. Für diesen „Notdienst“ wurde Personal benötig, das grundsätzlich eine Tötung von Geisteskranken  befürwortete. Es sind mehrere Fälle bezeugt, dass die dienstverpflichteten T4-Mitarbeiter sich nach der Vermittlung durch das Arbeitsamt hier im Gauhaus zu melden hatten. Vermutlich wurde hier ihre weltanschauliche Zuverlässigkeit überprüft und die Mitarbeiter zum Schweigen verpflichtet.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden auch die ersten Deportationen der jüdischen Bevölkerung Frankfurts von 1941 von hier aus organisiert.

Während des Bombenkrieges wurde auch die Gutleutstraße getroffen. Das die Täter belastende Material wurde vernichtet oder fortgeschafft. 1947 meldete das Bulletin der amerikanischen Militärregierung, dass umfangreiches Aktenmaterial, das vor der Einnahme Frankfurts im Gauhaus gelagert war, sicher gestellt wurde. So erfreulich dieser Fund ist, so bedauerlich ist seine nachfolgende Behandlung. Das Material wurde in seinen ursprünglichen Zusammenhängen auseinander gerissen und thematisch zusammengefasst, so dass die Überlieferung nicht mehr konsistent ist.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude Sitz der Bezirksleitung der KPD und der Redaktion des KPD-Organs „Hessischer Landbote“ bzw. der Sozialistischen Volkszeitung.

Spätestens ab 1953 wurde das Haus als Filmarchiv genutzt, 1956 zog die staatliche Landesbildstelle mit in das Gebäude ein. Diese nutzte den Bau bis 2002.

Nach dem Leerstand des Gebäudes zwischen 2002 und 2007 sanierte und bezog der gemeinnützige Verein basis e.V. das Gebäude und nutzt es seit Ende 2007 zur Förderung künstlerischer und kreativer Inhalte.